1. Oktober 2025

Zukunftsfonds unterstützt 135 neue Projekte

(Prag) 135 neue deutsch-tschechische Vorhaben verwandeln sich bald in konkrete Projekte. Der Zukunftsfonds stellt dafür einen Gesamtbetrag von 644 000 Euro zur Verfügung. Dies haben die Mitglieder des Verwaltungsrats am Mittwoch auf ihrer Sitzung im Kaisersaal des Karolinums, dem Sitz der Prager Karlsuniversität, beschlossen.

Die steigende Tendenz bei der Anzahl der Projekte, die bereits unser Jahresbericht 2024 zeigte, bestätigte sich auch im aktuellen Quartal. Die Kultur- und Bildungsveranstaltungen, Festivals und Publikationen reflektierten dabei oft unser Jahresthema in Verbindung mit dem 80. Jahrestag des Kriegsendes. Diese historische Etappe interessierte vor dem Hintergrund aktueller Bedrohungen und Konflikte auch junge Menschen, die sich an einem Drittel aller Projekte beteiligten und dabei aktiv moderne Technologien und Kommunikationsplattformen nutzten.

Das Thema des Jahres ist eine Herausforderung, Inspiration und Reaktion auf aktuelle Ereignisse, die die deutsche und tschechische Gesellschaft bewegen. Wir freuen uns, dass unsere Initiative „Wie sagt man heute ‚nie wieder‘?“ mehr als hundert Projekte hervorgebracht hat und immer noch Dutzende weitere hinzukommen. Deutsche und tschechische Schüler haben gemeinsam die Ursachen und Folgen des Kriegs kennengelernt. Sie interessierten sich dafür, obwohl – oder gerade weil sie einer Generation angehören, die den Krieg nicht erlebt und auch keinen direkten Kontakt zu Zeitzeugen hat. Und gleichzeitig sind sie die Generation, von der abhängt, wie unsere Zukunft aussehen wird”, kommentieren Rita Hagl-Kehl und Jindřich Fryč, die Verwaltungsratsvorsitzenden des Zukunftsfonds.

Alle neu bewilligten Projekte sind auf der Website des Zukunftsfonds veröffentlicht. Als Einladung oder Inspiration haben wir hier einige davon ausgewählt:

Begegnung deutscher und tschechischer Schüler im ehemaligen Konzentrationslager Flossenbürg

Fünf deutsche und fünf tschechische Klassen aus Schulen der Grenzregion besuchen gemeinsam die Gedenkstätte im einstigen KZ Flossenbürg. Eine pädagogische Theateraufführung, Videoprojektionen und szenische Installationen in den authentischen Räumlichkeiten vermitteln ihnen die Geschichte des Lagers wie auch die Schicksale tschechischer Häftlinge und die Bedingungen der Zwangsarbeit, die sie in einem nahe gelegenen Steinbruch verrichten mussten. Die Schüler können zudem an einem Simulationsspiel zu Themen wie Migration, Grenzen und Asylpolitik teilnehmen. Das Projekt stein / zlom / bruch ist das Ergebnis einer ersten Zusammenarbeit zwischen der Gedenkstätte Flossenbürg und dem Theaterverein A BASTA! Insgesamt 150 deutsche und tschechische Schülerinnen und Schüler werden sich gemeinsam mit den Ereignissen der Vergangenheit befassen – und zwar genau an dem Ort, an dem sie sich zugetragen haben.

Förderbetrag des Zukunftsfonds: 12.925 Euro

Muster des Hasses. Hate Speech in aktuellen und historischen Diskursen

„Hate Speech” und andere Formen von Aggressivität verbreiten sich vor allem in sozialen Netzwerken und dringen auch in Politik, Kultur, Bildung und in die gesamte Gesellschaft vor. Wie funktionieren diese Muster des Hasses und wie dringen sie in unser Leben ein? Wie können wir uns gegen sie wehren? Ein aktuelles Thema, das deutsche und tschechische Experten für Germanistikstudierende aus Budweis und Passau aufgearbeitet haben. Die dreitägige Konferenz im November wird durch Seminare ergänzt, die sich mit der Verbreitung von Ideologien des Bösen und Hasspropaganda durch Filme, Medien oder Schulen in der Vergangenheit befassen. Das Projekt zu unserem diesjährigen Thema des Jahres macht die Erinnerung lebendig und ruft den nach 1945 entstandenen Konsens des „never again“ ins Gedächtnis, den es kontinuierlich zu schützen gilt.

Förderbetrag des Zukunftsfonds: 107.800 CZK

Deutsche und tschechische Schüler zum Thema „Was ist uns Freiheit wert?“

Ein Konzert sächsischer oder saarländischer Rockbands, eine Ausstellung der Dresdner Galerie nEUROPA, ökumenische Gottesdienste deutscher evangelischer Pfarrer – diese Programmpunkte des TrutnOFF Open Air Festivals kamen dank der Zusammenarbeit mit dem Dresdner Verein Kultur Aktiv e.V. zustande. Besucherinnen und Besucher erwartet zudem ein Seminar über das Wirken des sudetendeutschen katholischen Priesters Engelmar Unzeitig (1911–1945), der als einer der ersten öffentlich gegen den Nationalsozialismus auftrat. Nach seiner Verhaftung wurde er in das Konzentrationslager Dachau deportiert, wo er sich aufopferungsvoll um seine Mitgefangenen kümmerte, die ihn den „Engel von Dachau” nannten. Das Seminar mit dem Titel „Freiheit, Erinnerung, Glaube und Mut” vermittelt noch weitere Geschichten mutiger Menschen aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs.

Förderbetrag des Zukunftsfonds: 6265 Euro

Ausstellung „Samisdat und Subkultur“ in Leipzig und Prag

Auf die jüngere Geschichte bezieht sich auch dasProjekt Samisdat und Subkultur des soziokulturellen Zentrums naTo e.V. aus Leipzig in Zusammenarbeit mit Historikern der Karlsuniversität Prag,die ein Archiv der Subkulturen und eine Sammlung illegal herausgegebener Druckerzeugnisse aus den ehemals sozialistischen Ländern verwalten. Die vom Punk beeinflusste Popkultur-Szene war eine alternative Plattform für Literatur, Musik und freie Meinungsäußerung und wurde daher zur Zielscheibe staatlicher Repressionen. Als Ergebnis dieser Zusammenarbeit bei der Erforschung des kulturellen Undergrounds soll eine Ausstellung – eine aus Texten, Bildern, Klängen und Filmen bestehende Rauminstallation – entstehen, die im November in Leipzig und im Dezember in Prag eröffnet wird. Ergänzt wird sie durch Vorträge und Diskussionen unter Einbeziehung der Öffentlichkeit oder auch durch Konzerte von Punkbands.

Förderbetrag des Zukunftsfonds: 8500 Euro

Album G.T., Fotopublikation über das Ghetto Theresienstadt

Im Nachlass des Rundfunkredakteurs Milan Weiner ist ein seltenes Bildzeugnis über das Leben im Ghetto Theresienstadt erhalten geblieben: ein kleines Album mit fast fünfzig Fotografien. Sie zeigen die Vorbereitung von Deportationen oder der Öfen im Krematorium und gewähren einen in der Dokumentation des Holocaust weltweit einzigartigen Blick hinter die Kulissen des Todes. Darüber hinaus haben sie auch das Alltagsgeschehen hinter den Ghettomauern festgehalten. Die Publikation „Album G.T.“ enthält Reproduktionen all dieser Fotos. Zudem ist es gelungen, einige Personen, ihre Porträts, Namen und Lebensgeschichten ausfindig zu machen oder sogar Fragmente ihrer Erinnerungen zu rekonstruieren. All das haben Historiker in den zeitgeschichtlichen Kontext eingeordnet. Der Verlag Book Dock bereitet nun eine deutsch-tschechische Ausgabe dieser Publikation vor und hat dafür Fördermittel im Rahmen unseres Jahresthemas zum 80. Jahrestag des Kriegsendes beantragt.

Förderbetrag des Zukunftsfonds: 250.000 Kč

Ausstellung „Argonauten des Ideals” in Liberec

Die Liberecer Kunstszene in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts vorzustellen, ist Ziel einer Ausstellung, die von November bis Ende Februar in der Regionalgalerie Liberec zu sehen sein wird. Im Oktober 1922 gründeten junge deutsche Maler im damaligen Reichenberg die Oktobergruppe, deren vom Expressionismus und Realismus beeinflusste Werke auch im künstlerischen Kontext der Tschechoslowakei der Zwischenkriegszeit innovativ waren. Zusammen mit Werken tschechischer Zeitgenossen zeigen sie Liberec als regionales Zentrum in einer Zeit des industriellen und kulturellen Aufschwungs. Die Ausstellung ist Ergebnis der langjährigen Forschungsarbeit von Kuratorin Anna Habánová und bietet eineumfassende Sammlung weniger bekannter Werke einer im deutschsprachigen Milieu verwurzelten Künstlergeneration. Ergänzt wird sie durch Archivfilme, Fotografien und Publikationen. Die insgesamt über 200 Gemälde, Grafiken, Plakate, Skulpturen, Glaserzeugnisse und Buchillustrationen werden dem Publikum in kommentierten Führungen in beiden Sprachen oder in Bildungsprogrammen vorgestellt. Die einzigartige Ausstellung eröffnet einen neuen Raum für den deutsch-tschechischen Kulturdialog.

Förderbetrag des Zukunftsfonds: 210.000 CZK

Dokumentarfilm „Wie man ein Loch vergräbt“

Thema dieses Dokumentarfilms ist die Braunkohleförderung in einem Tagebau nahe der polnischen Stadt Bogatynia, die sich auch auf das Leben der Menschen auf deutscher und tschechischer Seite auswirkt. Eine junge deutsche Journalistin recherchiert in der Grenzregion des Dreiländerecks nach den Ursachen dieses gemeinsamen Problems. In Zittau entdeckt sie Risse an historischen Gebäuden und stellt fest, dass die Stadt jedes Jahr um einen Zentimeter absinkt. Sie trifft eine ehemalige Arbeiterin aus dem polnischen Tagebau und einen tschechischen Aktivisten, die versuchen, eine ökologische Katastrophe zu verhindern. Nach und nach enthüllt sie ein Netz politischer und wirtschaftlicher Verflechtungen, welche die Suche nach einer Lösung blockieren. Dabei macht sie auch auf die paradoxe Situation aufmerksam, dass Deutschland sich als Vorreiter im Bereich umweltfreundliche Energiequellen präsentiert, gleichzeitig aber Strom aus tschechischen Kraftwerken kauft, die polnische Kohle verbrennen. Das Problem endet mit einem Gerichtsstreit zwischen den Nachbarländern, in dem nächstes Jahr eine Entscheidung fallen soll.

Förderbetrag des Zukunftsfonds: 300.000 CZK

Treffen deutscher und tschechischer Schüler zum Thema Klimawandel, Wasser und Stadt

Wasser, Luft und Klimawandel kennen keine Grenzen. Um die Umwelt müssen wir uns gemeinsam kümmern. Dies ist Thema eines im Oktober stattfindenden Treffens von 40 Schülerinnen und Schülern aus Grundschulen in der Gemeinde Želechovice nad Dřevnicí bei Zlín und den SABEL Schulen München, die dank unseres Programms „Auf geht’s!“ ihre erste Zusammenarbeit in Angriff genommen haben. Zum gegenseitigen Kennenlernen der Kinder trägt auch unsere „Sprachanimation für alle“ bei. In deutsch-tschechischen Teams werden sie sich mit dem Wasserkreislauf in Natur und Stadt, mit sparsamem Wasserverbrauch oder Hochwasserschutz befassen.Bei einem gemeinsamen Ausflug zur Zugspitzelernen sie unterwegs die Biodiversität der Landschaft oder die Folgen der globalen Erwärmung kennen. Die Erkenntnisse ihrer gemeinsamen Woche halten sie in einem Reisetagebuch fest, das sie mit eigenen Fotos ergänzen. In Alltagssituationen wie auch bei ihren Gastfamilien haben die Schüler zudem Gelegenheit, ihre Fremdsprachenkenntnisse auszuprobieren. Und sie lernen, wie sie gemeinsam die Umwelt schützen können.

Förderbetrag des Zukunftsfonds: 4920 Euro

LUSTRTschechische Comiczeichner auf dem Comic-Festival Hamburg

Eines der ersten Projekte im Rahmen unserer Sonderausschreibung und Partnerschaft mit der Frankfurter Buchmesse 2026,stammt vom Verein LUSTR, der seit zehn Jahren das größte Festival für Illustration und Comics in Prag organisiert. Auf dem Comic-Festival Hamburg wird er Anfang Oktober in der Ausstellung „Scratchy Lines, Missing Bubbles“ bedeutende tschechische Autoren und Zeichner vorstellen. Die begleitenden Lesungen konzentrieren sich auf alternative Genres und experimentelle Formen des Comics. Ziel ist es, neue Kontakte zu knüpfen und tschechische Kunstschaffende mit deutschen Verlegern und einem deutschen Publikum zusammenzubringen. Das Projekt wird von einem deutsch-tschechischen Expertenteam aus den Bereichen Illustration und Kulturproduktion umgesetzt. Output werden eine Fotodokumentation und eine Videoaufzeichnung für die weitere Präsentation und Öffentlichkeitsarbeit sein.

Förderbetrag des Zukunftsfonds: 86.345 CZK

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