Gemeinsam in die Kulturhauptstadt Chemnitz und auf den Spuren der Geschichte
(Prag) 198 neue deutsch-tschechische Projekte werden sich bald in konkrete Veranstaltungen verwandeln. Der Zukunftsfonds stellt dafür insgesamt 1,3 Mio. Euro zur Verfügung. Dies haben die Mitglieder des Verwaltungsrates am Montag auf ihrer Sitzung in Chemnitz beschlossen.
Der Verwaltungsrat wurde vom Chemnitzer Oberbürgermeister Sven Schulze empfangen. Mit der europäischen Kulturhauptstadt 2025 verbindet den Fonds eine Partnerschaft, dank derer im Laufe des gesamten Jahres Dutzende deutsch-tschechische Projekte in Chemnitz und der gesamten Region entlang der Grenze realisiert werden können.



Der Verwaltungsrat gewann auf seiner Sitzung zudem nähere Einblicke in das Projekt „Tacheles. Jahr der jüdischen Kultur in Sachsen 2026“, dessen Partner der Zukunftsfonds ist. Beide Seiten verbindet das Anliegen, die Erinnerung an die Schrecken des Nationalsozialismus, den Holocaust und den Krieg wachzuhalten und sich gemeinsam aktuellen Herausforderung wie Rechtsextremismus und Antisemitismus zu stellen. Der Zukunftsfonds hat daher sein diesjähriges Jahresthema unter das Motto gestellt: „Wie sagt man heute ‚Never again‘? Über 50 deutsch-tschechische Projekte wurden zu diesem Thema bereits in der ersten Jahreshälfte mit Unterstützung des Fonds umgesetzt. Weitere drei Dutzend wurden jetzt neu bewilligt.

Eine Übersicht der geförderten deutsch-tschechischen Veranstaltungen zum 80. Jahrestag des Kriegsendes finden Sie auf unserer Website.
„Der Zweite Weltkrieg ist schon für mehrere Generationen ein Kapitel aus dem Geschichtsbuch. Dennoch verspüren sie das Bedürfnis, die Ereignisse zu reflektieren und in Bezug zur Gegenwart zu setzen. Es ist nach wie vor ein lebendiges Thema, das angesichts der derzeitigen Konflikte an Aktualität gewinnt. Dies spiegelt sich in Dutzenden Projekten wider. Besonders gefreut hat uns das Interesse junger Menschen, die sich in Ausstellungen, Workshops oder bei Aufenthalten an Partnerschulen oder in Partnerstädten gemeinsam mit der deutsch-tschechischen Geschichte befassen. Ihre Sicht auf die Vergangenheit haben sie unter anderem in Kurzfilmen festgehalten. Mehr als 80 davon haben Schülerinnen und Schüler aus deutschen und tschechischen Schulen zum Videowettbewerb „Never again!“ eingesandt, dessen Gewinner sich zu Beginn der Sommerferien in Berlin treffen werden“, so die Verwaltungsratsvorsitzenden des Zukunftsfonds Rita Hagl-Kehl und Jindřich Fryč.

Alle aktuell geförderten Projekte sind auf der Website des Zukunftsfonds veröffentlicht. Einige davon möchten wir Ihnen schon jetzt vorstellen:
European Peace Ride 2025 – deutsch-tschechisches Kulturprogramm
Mit dem Rad nach Chemnitz! Die Idee, die aus der Zeit der sozialistischen ČSSR und DDR stammende Friedensfahrt wiederzubeleben und dabei die heutige Kultur zu präsentieren, ist eines der deutsch-tschechischen Projekte für Chemnitz 2025. Initiatoren sind tschechische Radfahrer vom Verein RoadCycling Events z.s. Die Europäische Friedensfahrt (European Peace Ride) startet am 11. September in Passau, führt durch Tschechien und endet am 13. September in Chemnitz. Die Etappen umfassen jeweils 150 Kilometer und entlang der Strecke erwarten die Ausdauersportler verschiedenste Veranstaltungen, so z. B. eine Besichtigung der historischen Katakomben der Pilsener Brauerei oder die Ausstellung „Naši Němci“ („Unsere Deutschen“) in Ústí nad Labem. Nach dem Erreichen der Zielgeraden in Chemnitz beginnt das Familienfestival „Sattelfest“, bei dem Bands aus beiden Ländern für das deutsche und tschechische Publikum spielen werden.
Förderbetrag des Zukunftsfonds: 120 000 CZK
Brücken bauen an der Goldenen Straße – 80 Jahre Kriegsende
Gemeinsam Brücken bauen, aus der Vergangenheit lernen und sich mit den Folgen des Krieges auseinandersetzen – unmittelbar dort, wo er das über Jahrhunderte gewachsene Zusammenleben von Deutschen und Tschechen zerstört hat. Durch das bayerisch-tschechische Grenzgebiet führte einst die Goldene Straße Kaiser Karls IV., die Nürnberg und Prag verband. Die Verbrechen des Nationalsozialismus, die Vertreibung der Sudetendeutschen und der Eiserne Vorhang haben diese Verbindung durchtrennt. Das unmittelbar an der Grenze gelegene Dorf Pavlův Studenec / Paulusbrunn war eine Gemeinde mit 1500 Sudetendeutschen. 80 Jahre nach Kriegsende wird es durch Gedenkveranstaltungen wiederbelebt: im Juli durch Gespräche mit Zeitzeugen und Ausstellungen im Rahmen eines „stillen Festivals“, im September durch eine gemeinsame Wanderung durch die Landschaft und im Oktober durch einen deutsch-tschechischen Dialog unter Beteiligung von Historikern. Ziel dieses Projekts, das vom Verein Via Carolina – Goldene Straße und vom Bayerisch-Tschechischen Verein für Freundschaft und Zusammenarbeit organisiert wurde, ist es, die Geschichte wiederzubeleben und insbesondere die junge Generation anzusprechen.
Förderbetrag des Zukunftsfonds: 5000 €
Feierlichkeiten zum 80. Jahrestag des Kriegsendes im Rahmen des Programms der 41. Ausgabe des TrutnOFF Open Air Festivals 2025
Ein Konzert sächsischer oder saarländischer Rockbands, eine Ausstellung der Dresdner Galerie nEUROPA, ökumenische Gottesdienste deutscher evangelischer Pfarrer – diese Programmpunkte des TrutnOFF Open Air Festivals kamen dank der Zusammenarbeit mit dem Dresdner Verein Kultur Aktiv e.V. zustande. Besucherinnen und Besucher erwartet zudem ein Seminar über das Wirken des sudetendeutschen katholischen Priesters Engelmar Unzeitig (1911–1945), der als einer der ersten öffentlich gegen den Nationalsozialismus auftrat. Nach seiner Verhaftung wurde er in das Konzentrationslager Dachau deportiert, wo er sich aufopferungsvoll um seine Mitgefangenen kümmerte, die ihn den „Engel von Dachau” nannten. Das Seminar mit dem Titel „Freiheit, Erinnerung, Glaube und Mut” vermittelt noch weitere Geschichten mutiger Menschen aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs.
Förderbetrag des Zukunftsfonds: 190 000 CZK
57. Kinderfilmfestival „Ota Hofman“ in Ostrov
Das Kinderfilmfestival „Ota Hofman“ in Ostrov bei Karlsbad wird zum Treffpunkt für 12 deutsche und 12 tschechische Schülerinnen und Schüler. Im Oktober nehmen sie gemeinsam am Workshop einer deutschen Produzentin teil und erfahren auf interaktive Weise, wie man Filmgeschichten dreht oder für welche Rolle sich ihre Stimme beim Synchronisieren eignet. Sie werden versuchen, ein kurzes Drehbuch zu unserem Jahresthema „Wie sagt man heute ,never again‘?“ zu schreiben. Zudem erwartet sie ein Ausflug zu verschwundenen Dörfern in den einstigen Sudetengebieten und der Film „Tichá pošta“ („Stille Post“) über Kinder aus einem deutschen Dorf in der Grenzregion zum Ende des Zweiten Weltkriegs. Ein deutsch-tschechisches Filmteam wird die Kinder während des gesamten Festivals begleiten. Das Schulprojekt wird bereits zum dritten Mal vom Kulturzentrum Ostrov und der Stadt Annaberg-Buchholz veranstaltet, die die Zusammenarbeit der Kinder im Rahmen eines begleitenden Bildungsprogramms zum Festival fördern.
Förderbetrag des Zukunftsfonds: 100 000 CZK
Prager Theaterfestival deutscher Sprache, 30. Jahrgang
Das Prager Theaterfestival deutscher Sprache findet dieses Jahr bereits zum dreißigsten Mal statt! Seine Dramaturgie konzentriert sich diesmal auf Aufführungen, deren gemeinsamer Nenner die menschliche Identität ist. Die klassischen wie auch neueren Texte verbindet die Sehnsucht, Sinn im Chaos und Humor in der Verzweiflung zu finden. Das Festival präsentiert dem tschechischen Publikum schon drei Jahrzehnte lang erfolgreiche Inszenierungen deutschsprachiger Theater, neue Trends und aktuelle Themen, die auch für tschechische Ensembles inspirierend sind. Im Herbst lädt es zu einem repräsentativen Programm und einem umfangreichen Angebot an Begleitveranstaltungen ein. Der Zukunftsfonds ist Generalpartner des Festivals.
Förderbetrag des Zukunftsfonds: 115 000 €
Dokumentarfilm „300 Jahre Klosterbibliothek Osek / Ossegg – acht Jahrhunderte gemeinsame deutsch-tschechische Geschichte“
Die Barockbibliothek im Kloster Osek (Ossegg) wurde vor 300 Jahren fertiggestellt. Zu diesem bedeutenden Jubiläum bereitet der Teplitzer Verein Teplický spolek gemeinsam mit einstigen deutschen Landsleuten vom Münchner Verein Teplitz-Schönau Freundeskreis e.V. einen 50-minütigen Dokumentarfilm vor, der die Entwicklung des Zisterzienserklosters vor dem Hintergrund der 800-jährigen deutsch-tschechischen Geschichte vom Mittelalter über den Dreißigjährigen Krieg und die Barockzeit bis hin zum Zweiten Weltkrieg nachzeichnet. Die Bibliothek wurde nicht nur durch ihr einzigartiges barockes Interieur berühmt, sondern auch durch ihren reichen Buchbestand. Sie steht für Bildung, Spiritualität und Kultur wie auch für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit den Klöstern Ebrach, St. Marienthal und St. Marienstern. Eine Initiative, die sich um die Schaffung eines deutsch-tschechischen Netzwerks aus Historikern und Verwaltern von Klosterbibliotheken bemüht, soll diese Verbindungen jetzt wiederbeleben. Der Film entsteht in deutscher und tschechischer Fassung in Zusammenarbeit mit der Redaktion der Erzgebirgs-Zeitung / Krušnohorské noviny.
Förderbetrag des Zukunftsfonds: 300 000 CZK
Accepdance – Tanzen im Dreieck!
Im Rahmen dieses Tanzlabors stellen 30 junge Leute aus Deutschland, Tschechien und Polen gemeinsam eine Inszenierung auf die Beine, die sich mit Krieg, Vertreibung, Versöhnung und friedlichem Zusammenleben zwischen den Völkern auseinandersetzt. Tanz und Musik werden mit Archivmaterialien verknüpft und lassen mittels Improvisation ein künstlerisches Statement zu unserem Thema des Jahres entstehen. Veranstalter des Projekts sind der sächsische Förderverein „Kommen und Gehen“ – Das Sechsstädtebundfestival e.V. und der Verein DoKrajin aus dem tschechischen Erzgebirge. Ihre Performance „Accepdance – Tanz im Dreieck!“ präsentieren sie der Öffentlichkeit unter Beteiligung örtlicher Einwohner und der jungen Generation an symbolischen Orten im Dreiländereck in Lubań, Bautzen und Liberec.
Förderbetrag des Zukunftsfonds: 9000 €
Digitale Kunst im öffentlichen Raum
Das Signal Festival Prag gehört zu den bekanntesten Festivals für Digital- und Kreativkultur in Mitteleuropa. Teil des Festivals ist die Bildungsplattform Signal Forum, auf der sich zwei deutsche und zwei tschechische Künstler gemeinsam vorstellen. Der Berliner Künstler Robert Seidel, dessen Werk mit dem Preis der KunstFilmBiennale und mit dem Visual Music Award Frankfurt ausgezeichnet wurde, tritt zusammen mit dem Hamburger Komponisten, Sounddesigner und Musikproduzenten Nikolaj von Sallwitz auf. Gemeinsam werden sie über den Einsatz von Technologien, die Entwicklung der digitalen Kunst wie auch über Projektionen im öffentlichen Raum diskutieren.
Förderbetrag des Zukunftsfonds: 52 000 CZK